von biplev » Mi Mai 04, 2011 7:28 pm
Bailey ist heute morgen gestorben. Genau, wie er im Leben immer wieder durch seine Geduld und Weitsicht beeindruckt hat, so hat er still und leise beschlossen, dass es Zeit ist, und mir so die lang gefürchtete Entscheidung, zu erkennen, wann Leiden anfängt und wie viel Leiden man einem unheilbar kranken Hund zumuten kann, auf seine typisch weise Art abgenommen.
Gestern ist er noch eine schöne Runde mit spazieren gegangen und hat die Schaffütterung überwacht, erst abends und nachts merkte man dann, dass da deutlich etwas nicht stimmte.
Seit Weihnachten 2008, als bei einer Milz-OP die Diagnose „malignes Lymphom“ herauskam, haben wir zusammen gegen die wenig aussichtsreiche Prognose (ohne Chemo 2 Wochen bis 2 Monate) gekämpft und versucht „unseren Weg“ mit dem Krebs zu finden.
Ich bin froh und dankbar, dass wir Menschen gefunden haben, die uns bei unserem alternativen Behandlungsweg unterstützt haben, der für Bailey nach der ersten Diagnosestellung noch 2 ½ Jahre gelebtes Leben brachte, und das wirklich (und das werden die, die nicht wussten, dass er krank war und das auch nie vermutet hätten, sicher bestätigen) bei hoher Lebensqualität.
Im Sommer 2010 dann bei einer Kontrolluntersuchung leider mehrere faustgroße Tumore in der Leber, der Tierarzt wollte Bailey gleich in der Narkose liegen lassen, weil er meinte, das wären keine Wochen mehr, die der Hund hätte.
Ich hab ihm nicht geglaubt. Bailey hatte zu der Zeit keinerlei Symptome, außer ab und zu abends etwas Unruhe, er war munter und lebensfroh und hatte noch viel vor… Das war am 23. Juli 2010. Und siehe da, noch mal über 9 Monate glückliches Leben.
Letzte Woche hat er sich beim Wälzen ein paar Lendenwirbel ausgerenkt und hatte danach Schmerzen. Aber selbst da war er mit Schmerzmitteln und osteopathischer Behandlung relativ schnell wieder auf den Beinen und ist gestern schon wieder fröhlich gelaufen, war baden und hat mit glänzenden Augen gebettelt.
Heute morgen wollte er nicht aufstehen, aber weil ich dachte, der Rücken wär wieder schlechter und wir müssten was gegen die Schmerzen machen, hab ich ihn trotzdem ins Auto gepackt und zum Tierarzt gefahren. Für mich ist unglaublich, wie dieser Hund hinbekommen hat, auf dem Weg dahin einfach schon mal anzufangen zu sterben, und mich vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das hatte er immer so vor und hat es grandios hinbekommen.
Ich bin todtraurig, aber noch viel mehr dankbar, für die geschenkte Zeit und auch für dieses gnädige, unglaublich schnelle Ende. So furchtbar das klingt: außer, dass ich ihn hätte zu Hause lassen können, wenn ich abgesehen hätte, dass er jetzt geht (wo ich aber immer gedacht hätte, ich müsste irgendwas tun), hätte es unter den gegebenen Umständen nicht besser gehen können. Bailey hat es immer gehasst, hilflos oder abhängig zu sein. Sein Leben, seine Entscheidung. Wie er es wollte, aus dem vollen Leben direkt in den Tod.
Jeder Hund ist einzigartig und besonders. Bailey hat mir in seinem Leben so viel beigebracht, dass ich es gar nicht aufzählen kann. Generationen von Welpen und Junghunden haben von ihm gelernt, wie man mit erwachsenen Hunden oder auch untereinander umgeht und wie besser nicht. Dabei war er grandios geduldig, nur, wenn es unbedingt nötig wurde, auch mal deutlich und laut. Er konnte einfach durch einen Blick oder sogar einen „noch-nicht-mal-Blick“ Klarheit in eine Situation bringen und ich habe von seinem Umgang mit anderen Hunden, besonders auch bei den ängstlichen, mehr gelernt, als im ganzen Studium und allen Seminaren zusammen. Er hat sie alle erreicht, auch die, die sonst auf 50m Entfernung schon jeden verbellten und verbissen und war eine unschätzbare Hilfe.
Er hat viele meiner Denkmuster ins Wanken gebracht und mich auch durch seine Krankheit „gezwungen“, mich noch mal sehr viel intensiver mit Naturheilverfahren, Alternativmedizin und Ernährung auseinander zu setzen, als ich es ohnehin schon getan hatte. Er hat mich Geduld gelehrt und mir selbst immer wieder geduldig (aber auch entnervend nachdrücklich) gezeigt, dass man manche Dinge eben nicht zwingen kann, sondern auch mal Raum geben muss, damit ein Hund (oder auch Mensch) aus sich selbst Entscheidungen treffen kann.
Und vor allem hat er mich gelehrt, den „feinen Draht“, den ich schon immer zu Tieren hatte, noch deutlicher und vor allem bewusster wahrzunehmen, der Intuition zu vertrauen und zu akzeptieren, dass der richtige Weg für mich eben für andere auch mal etwas wundersam sein darf.
All das von einem kleinen schwarz-weißen Hütehund, der ein ganz großer war! Machs gut, mein Großer, Du bist ein Held! Wir sehen uns!